Mehr Zeit für Kunst im neu gestalteten Gymnasium in Bayern

An den
Staatsminister für Unterricht und Kultus,
Herrn Prof. Dr. Michael Piazolo, MdL
Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus,

Salvatorstraße 2
80327 München

Passau, 7.12.2018

Vorschläge zu einem vertiefenden Qualifikationskurs im Fach Kunst in der Oberstufe des Gymnasiums (G9) sowie zur Steigerung der Attraktivität des Faches Kunst in der Lehrerbildung

Sehr geehrter Herr Staatsminister Piazolo,

Als Vorsitzende und Sprecher des Fachverbandes für Kunstpädagogik in Deutschland und  Bayern sowie des Kunstrates Bayern freuen wir uns, mit Ihnen als einen erfahrenen Bildungspolitiker im Kultusministerium in Kontakt zu treten!

Wir vertreten das Fach Kunst an allen Schulen, Hochschulen sowie im außerschulischen Bereich.

Die Gestaltung der Oberstufe im neuen neunjährigen Gymnasium wird derzeit konzipiert. Wir erlauben uns, Ihnen mit der Einführung eines vertiefenden Qualifikationskurses in Art und Umfang analog des sehr erfolgreich geführten Leistungskurses im G9 einen Vorschlag zu unterbreiten, den wir im August 2018 bereits den damals amtierenden Staatsministern Frau Prof. Dr. Kiechle und Herrn Sibler nahe gelegt hatten.

Nachwuchswerbung für Kunstlehrerinnen und Kunstlehrer beginnt in der Schule und damit bei den Kindern und Jugendlichen, die sich für das Fach Kunst so sehr begeistern, dass sie dieses vertieft belegen, anschließend an den bayerischen Hochschulen oder

Kunstakademien studieren und zu ihrem Beruf bzw. zu ihrer Berufung machen wollen. 

Schulische Talentförderung ist für die Kunst ungleich wichtiger als für die Musik, da jene über ein dichtes Netzwerk privater und außerschulischer Talentförderungen zurückgreifen kann.  Der Wegfall des Leistungskurses Kunst beziehungsweise die sehr deutliche Einkürzung künstlerischer Schwerpunktwahlen im G8 bedeuteten den Wegfall dieser für unser Fach nicht nur schmerzlichen, sondern unverzichtbaren, zudem sehr effektiven Begabtenförderung. 

Der Wegfall bzw. Kahlschlag macht sich spätestens jetzt im verschärften Kunstlehrermangel in Bayern deutlich bemerkbar. 

Nun wird die Oberstufe neu konzipiert. Dieses bietet die Chance zu einer Einführung eines vertiefenden Qualifikationskurses Kunst! Eine umstandslose Wiedereinführung eines solchen Kurses wäre eine extrem wichtige curriculare Maßnahme durch das Kultusministerium, um längerfristig wieder mehr KunstlehrerInnen (auch für andere Schulformen!) zu gewinnen. 

Denn: Kunst ist in Bayern schon viel zu lange ein “Mangelfach”, gerade auch an den Gymnasien. Mehr voll qualifizierte KunstlehrerInnen werden dringend benötigt. 

Für alle Kinder und Jugendlichen, die entsprechend ihrer musisch-künstlerischen Fähigkeiten ausgebildet und gefördert werden sollen, wäre eine positive Entwicklung zu mehr qualifizierten Kunstlehrerinnen und Kunstlehrern in Bayern daher sehr bedeutsam und wünschenswert.

Um dem aktuellen Lehrermangel im Fach Kunst entgegenzuwirken, schlagen der Fachverband für Kunstpädagogik BDK e.V. gemeinsam mit dem Kunstrat Bayern – neben der Einführung eines vertiefenden Qualifikationskurses Kunst – folgende Maßnahmen vor:

1.    Die Quereinsteiger-Qualifikation an der Kunstakademie München muss fortgesetzt werden!

Die ersten “QuereinsteigerInnen”, die eine spezielle, verkürzte Qualifikationsmaßnahme an der AdBK München durchliefen, sind nun erfolgreich im  Referendariat. Will man kurzfristig mehr KunstlehrerInnen für Bayern gewinnen und damit die Unterrichtsversorgung gewährleisten, MUSS dieser Zugang weiter offen bleiben. Eine weitere Maßnahme wäre die

Wiederbesetzung der fünften Kunstpädagogik-Klasse in der Nachfolge von Professor Gerd Dengler an der Akademie der Bildenden Künste München. Auch dadurch könnten die  Absolventenzahlen erheblich gesteigert werden. 

2.    Um mehr KunstlehrerInnen zu gewinnen, muss die Attraktivität des Lehramts im Doppelfach Kunst am Gymnasium deutlich gesteigert werden. Die dafür wichtigste Maßnahme ist eine Absenkung der Unterrichtspflichtzeit für KunstlehrerInnen und damit ihre Gleichstellung mit anderen Fächerkombinationen am Gymnasium! 

Die Arbeitsbedingungen für KunstlehrerInnen zu verbessern, ist DIE wesentliche Grundlage für die Steigerung der Attraktivität des Faches und damit auch für den Wunsch, dieses Fach zu studieren und in der Schule zu lehren. Eine Gleichstellung in der Unterrichtspflichtzeit werden die KollegInnen mit Doppelfach Kunst als Anerkennung ihrer qualitätvollen Bildungs- und Erziehungsarbeit verstehen, die sie schon längst verdienen. Sie ist damit das wichtigste und deutlichste Signal, dass das Kultusministerium setzen kann, um mittelfristig und dauerhaft wieder mehr KunstlehrerInnen zu gewinnen und somit die curriculare und personale Qualität des Kunstunterrichtes über alle Jahrgangsstufen hinweg gewährleisten zu können!

3.    Kunststudium und Schulpraxis sollten zudem noch deutlicher verknüpft werden, um mehr auf das Lehramt zu fokussieren!

Um den Praxisbezug noch während des Studiums zu verstärken, gibt es an beiden Akademien Initiativen. Diese müssten mit einer neu zu besetzenden Stelle intensiviert werden: einer Stelle zur „Verstärkung des Praxisbezuges in der Lehre.“ Diese Maßnahme soll Studierenden Praxiserfahrungen während des Studiums ermöglichen und zeigen, dass künstlerische Arbeit nicht auf die Akademien beschränkt ist, sondern Kunst in der Schule ein weites und begeisterungsfähiges Feld bietet! 

Sehr gerne kommen wir mit Ihnen über unsere Vorschläge ins Gespräch und unterstützen Überlegungen und Entscheidungen mit unserer Expertise in Lehre und Vermittlung im Fach Kunst an Schulen und Hochschulen.

Auch für Nachfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Barbara Lutz – Sterzenbach
Landesvorsitzende BDK-Bayern e.V.