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Hallo Wien

redaktionsn in Bildungsveranstaltungen 3 Min. Lesezeit 1. November 2012

Mit dem BDK Sachsen vom 22. bis 25.10.2012 auf Bildungsreise in der Donaumetropole
– Bericht von Axel Roscher –

Auch wenn man die österreichische Hauptstadt klischeebeladen eher mit Walzerglückseeligkeit, Sachertorte, Sissi und den glorreichen Zeiten der k- und k.-Monarchie in Verbindung bringt, gibt es in Sachen bildender Kunst auch einiges mehr als Klimt, Schiele und Kokoschka zu entdecken.

Walter M. Weiss formuliert es in seinem Reiseführer bereits so treffend, wie man es mit anderen Worten gar nicht mehr ausdrücken kann: „Die ehemalige Kaiserstadt glich nach 1945 jahrzehntelang einer mürrischen, mit altmodischen Kronjuwelen behangenen Rentnerin. Nach einer wundersamen Verjüngungskur präsentiert sie sich heute als fesche, jugendlich-elegante Dame voller Energie und Lebensfreude.“.

Und seit die Stadt sich nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs wieder in der Mitte eines vereinten Europas erhebt, haben sich einerseits die altehrwürdigen Museen wie die Albertina aber auch neue Tempel der Kunst wie das Mumok international neu etabliert und brillieren mit hochkarätigen Ausstellungen.

Davon konnten wir uns gleich am ersten Tag nach der Anreise überzeugen als wir im Museum Albertina zunächst eine sehr fundierte Führung durch die Sammlung Batliner erhielten, die eine ganze Reihe der bedeutendsten Werke der Klassischen Moderne von Monet bis Picasso beinhaltet.

Interessant war in dem Zusammenhang auch die Tatsache, dass diese Privatsammlung in eine Stiftung überführt wurde und staatlich gestützt wird um sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Außerdem waren im Haus noch zu erleben: „Körper als Protest“ – eine kleine aber feine Schau mit Foto- und Videoarbeiten zeitgenössischer internationaler Künstler, die unterschiedliche Positionen dem allgemeinen Körper-, Jugend- und Schönheitswahn entgegenstellen; und die große, beim österreichischen Publikum besonders beliebte Ausstellung „Kaiser Maximilian I. und die Kunst der Dürerzeit“, welche natürlich zahlreiche eher wenig bekannte grafische Arbeiten Albrecht Dürers aus dem „Schatz“ der Albertina im Kontext der Kunst im Dienst eines bestimmten Herrscherbildes zeigte.

Am Nachmittag zog uns im Belvedere die Jubiläumsausstellung „150 Jahre Klimt“ in ihren Bann, welche in sieben thematischen Schwerpunkten mit 120 Objekten den wohl berühmtesten Künstler der Wiener Secession in seinem gesamten Leben und Werk detailliert beleuchtete.

Der zweite Tag startete mit einem Wahlprogramm: ein Teil der Gruppe studierte im Kunsthistorischen Museum die Antikensammlung und Gemäldegalerie der Habsburger; der andere Teil im neuen Haus 21 die österreichische Kunst der Gegenwart u.a. in einer Sonderschau mit Werken von Fritz Wotruba und seinem Schüler Roland Goeschl bzw. in der Ausstellung „Keine Zeit“ mit zahlreichen Installationen und Videobeiträgen zur Problematik des erschöpften Selbst in unserer heutigen Zeit, welches aus dem immer größer werdenden Druck der Gesellschaft auf die eigene Flexibilität und des ständigen Erreichbarseins resultiert.

Den Höhepunkt der Reise bildete dann unweigerlich am Nachmittag Wiens neues Museumsquartier mit dem „White Cube“ des Leopoldmuseums und der „Black Box“ des Mumok, dem Museum für moderne Kunst. Wir starteten mit einer Führung durch die ständige Ausstellung der Sammlung Leopold, welche u.a. die weltgrößte Egon-Schiele-Sammlung beherbergt und außerdem einen umfassenden Überblick über den Wiener Jugendstil gibt.

Zusätzlich zeigt das Haus im Moment eine Sonderausstellung zum Thema „Nackte Männer“ in der Kunst von 1800 bis heute, deren Plakate und die begehbare Installation vor dem Gebäude für einen kleinen Skandal in der Wiener Society sorgten.

Das Mumok überzeugte mit einer Überblicksschau zur Minimal- und Concept-Art sowie einer großen Retrospektive, die Dan Flavins „Lights“ gewidmet ist, jenem amerikanischen Künstler, der seit den 1960er Jahren die handelsübliche Leuchtstoffröhre zum Kunstobjekt erhob und uns damit völlig neue Farb- und Raumwahrnehmungen ermöglichte.

Nach einem morgentlichen Herbstspaziergang durch den Schlosspark von Schönbrunn stand am Abreisetag noch die Besichtigung der Otto-Wagner-Villa in Wien-Hütteldorf auf dem Programm, die heute im Besitz des Malers Ernst Fuchs ist und als Museum einen Einblick in die surreale Welt der Wiener Phantasten gibt, einer hierzulande wenig bekannten Kunstströmung abseits des Mainstreams. Teilweise etwas bizarr aber nicht uninteressant.

Mit vielen neuen Eindrücken, Erkenntnissen und Anregungen für den eigenen Unterricht, die nicht zuletzt auch durch die Gespräche und den Austausch mit den teilnehmenden Kollegen und Verbandsmitgliedern entstanden, war diese Fahrt wieder eine gelungene Fortbildung, die Angenehmes mit dem Nützlichen verband.

Die nächste Bildungsreise ist für den Zeitraum der Herbstferien 2013 angedacht und soll wiederum als Exkursion auf die Biennale nach Venedig führen.

Axel Roscher

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