Kunst in der Einführungsphase nach dem neuen Erlass VO-GO 8/2016
Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (SVBl 9/2016, S. 533):
Ab
dem Schuljahr 2018/19 stehen für die Fächer Kunst und Musik (bzw.
Darstellendes Spiel) statt bisher vier nur noch zwei Fachstunden zur
Verfügung.
Die Kultusministerin begrenzt die Stundentafel auf 30 Wochenstunden. Unsere Proteste, Petition und Einwände blieben unberücksichtigt. Die Fachgruppen sind nun gezwungen, die musischen Fächer mit dem halbierten Stundenpool zu versorgen.
Entsprechend ihres Schulprofils, ihrer Tradition von
Prüfungsfachwahlen und Schwerpunktfachkursen müssen die Schulen die
Vorgaben umsetzen:
Folgende Modelle der Unterrichtsorganisation sind denkbar: „Die
Schülerin oder der Schüler kann ein Fach für die gesamte
Einführungsphase wählen oder für das zweite Schulhalbjahr ein anderes
Fach als im ersten Schulhalbjahr.“ (SVBl 9/2016, S. 533)
Möglichkeiten* | |
Kunst und Musik | ganzjährig einstündig |
Kunst und Musik | epochal zweistündig |
Kunst | ganzjährig zweistündig |
Musik | ganzjährig zweistündig |
(* wegen der Übersichtlichkeit wird hier Darstellendes Spiel nicht genannt.)
Hier ist nicht nur Kreativität in der Planung der
Unterrichtsorganisation gefordert. Jedes Modell hat Auswirkungen,
insbesondere auf die mögliche Anwahl des künstlerisch-musischen
Prüfungsfaches: Bei dem epochal organisierten Unterricht wird das Fach,
das im zweiten Halbjahr erteilt wird, deutlich benachteiligt. Denn
während das Fach des ersten Halbjahres bis zu 20 Doppelstunden
Fachunterricht hat, werden im zweiten Halbjahr bereits nach sechs bis
acht Doppelstunden Fachunterricht die Prüfungsfächer für die
Qualifikationsphase angewählt. Praktische und theoretische
Unterrichtserfahrungen in dem Fach des zweiten Halbjahrs fehlen ebenso
wie Erfahrungen mit dem neuen Format Klausur. Vor diesem Hintergrund
werden die Schülerinnen und Schüler wahrscheinlich das Fach des zweiten
Halbjahres kaum als Prüfungsfach anwählen.
Übrigens bleibt die Bedingung: ein Fach, das als Prüfungsfach gewählt wird, muss mindestens ein halbes Jahr belegt worden sein.
Deutlich
benachteiligt werden auch die Schülerinnen und Schüler, die zum
Beispiel das Modell Kunst ganzjährig zweistündig wählen. Sie erhalten
keinen Unterricht in dem anderen musischen Fach (Musik bzw.
Darstellendes Spiel), müssen es jedoch in der Qualifikationsphase zwei
Kurshalbjahre als Belegverpflichtung anwählen, wenn sie Kunst auf
erhöhtem Anforderungsniveau anwählen wollen.
Beratung und Aufgabe der Fachkonferenz
Eine zufriedenstellende Lösung für das Fachangebot der musischen Fächer wird es mit dieser Stundentafel nicht geben können!
Bereits
ein Jahr vor Eintritt in die Einführungsphase müssen die Schülerinnen
und Schüler über fachliche Anforderungen und Inhalte sowie über die
Organisation des Fachangebots informiert werden, um klare
Wahlentscheidungen treffen zu können.
Die Fachkonferenzen haben die Aufgaben
– das Fachangebot in Absprache mit der Schulleitung zu organisieren,
– dabei auch die Tradition der Prüfungsfachwahl zu berücksichtigen und
–
Informationen über fachliche Inhalte und Anforderungen der Fächer Kunst
und Musik (bzw. Darstellendes Spiel) für Schülerinnen und Schüler des
jetzigen 9. Jahrgangs zu erstellen.
Wahlpflichtkurs statt 2. Fremdsprache
In
dem Erlass wird die Möglichkeit des Wahlpflichtkurses statt der
Belegung der 2. Fremdsprache angeboten. Darin heißt es, dass im
Grundsatz alle Schülerinnen und Schüler die 2. Fremdsprache belegen.
Abweichend davon kann auf Beschluss des Schulvorstandes
Wahlpflichtunterricht angeboten werden. Der Wahlpflichtkurs kann aus
zwei der naturwissenschaftlichen, gesellschaftlichen oder
musisch-künstlerischen Fächer gebildet werden. Diese teilen sich die
drei Wochenstunden während der Einführungsphase. Die Schülerinnen und
Schüler, die das sprachliche Profil anstreben, können keinen
Wahlpflichtkurs belegen, da sie die zweite Fremdsprache weiterführen
müssen.
Mit dem begrenzten Stundenpool kann die im
Kerncurriculum Kunst der gymnasialen Oberstufe geforderte Funktion der
Einführungsphase als Gelenkstelle für alle Schülerinnen und Schüler
nicht hinreichend erfüllt werden.
Die Funktion der Einführungsphase ist zum Beispiel
– auf Unterricht in der Qualifikationsphase vorbereiten
– Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen erweitern, festigen und vertiefen
– Grundlagen des kunst- und wissenschaftspropädeutischen Arbeitens erwerben
– begründete Wahlentscheidungen ermöglichen
– eigene Konzepte für bildnerische Problemlösungen selbstständig erstellen
– das Unterrichtsprinzip Werkstatt kennenlernen
– einen vergleichbaren Lernstand trotz Heterogenität anstreben
Die
Forderung nach Erhöhung der Stundenzahl für die musisch-künstlerischen
Fächer bleibt bestehen, um die Abiturfächer Kunst und Musik (bzw.
Darstellendes Spiel) auch zukünftig abzusichern und so den Auswirkungen
des durch die neue Stundentafel bedingten Nadelöhrs Einführungsphase zu
entgehen.
Der BDK, Fachverband Kunstpädagogik Niedersachsen, nimmt gerne Ihre Anfrage, Rückmeldung oder Impulse entgegen.