Als Fach, das die räumliche, leibliche und haptische Erfahrung, das gemeinsame Arbeiten und die personale Nähe des Gesprächs fachlich besonders pflegt und für ein umfassendes Gelingen braucht, war der Kunstunterricht auch in diesem Jahr wieder von den erforderlichen Anti-Coronamaßnahmen in spezifischer Weise betroffen.
Zugleich haben Kunstlehrerinnen und Kunstlehrer überall gezeigt, daß gerade der Kunstunterricht mit seinen großen Potentialen für zwischenmenschliche Relationalität, Emotionalität, Spontaneität und eine reflektierte Medialität trotz und gegen die schwierigen Umständen vielfältige Gelegenheiten bietet, mit Schülerinnen und Schülern fachlich produktiv zu arbeiten und sie in der Entwicklung eines vertrauensvollen Selbst- und Weltzugangs zu stärken.
Um Sie hierbei zu unterstützen hat der Landesverband während des Lockdowns von März bis Juni 2021 eine breit nachgefragte kollegiale Gesprächsreihe zum Distanzunterricht Kunst mit Beispielen aus der Unterrichtspraxis per Videokonferenz angeboten.
Hieran knüpft eine neue kollegiale Gesprächsreihe per Video an.
Im Mittelpunkt stehen dabei Möglichkeiten, die Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre in Mischformen zwischen Distanz und Nähe spezifisch für Kunstunterricht zu nutzen.
Wie kann man Distanz und Nähe so gestalten, dass Schülerinnen und Schüler unter den jeweiligen Bedingungen das erfahren, was für das Fach Kunst so zentral ist?
– die Leiblichkeit und Materialität des kunstpraktischen Tuns,
– die Einbettung von Produktion, Rezeption und Reflexion in eine Gemeinschaft,
– das in-der-Welt-Sein,
– die Bedeutung von Kunst in Krisen.
Präsentiert und diskutiert werden konkrete Beispiele aus dem Nähe- und Distanz-Unterricht im Fach Kunst.
Um Ihnen den Zugangslink für die Videokonferenz zusenden zu können, benötigen wir spätestens bis zum Vortag der ersten Sitzung, an der Sie teilnehmen möchten, Ihre Anmeldung hier: https://bdk-online.info/nw-de/Formulare/anmeldung_naehe_distanz/
Last Minute-Anmeldungen bitte ggf. direkt an Ulrich Heinen, heinen@netcologne.de (wir werden versuchen, auch diese noch zu berücksichgtigen).
Im Diskussionsteil soll jeweils auch Gelegenheit sein, Beispiele aus dem eigenen Unterricht kurz vorzustellen. Bitte mailen Sie uns, wenn Sie dies aktiv nutzen möchten, damit wir uns zur technischen Umsetzung vorab kurz abstimmen können.
Dienstags 18:15-19:15
Programm
5. April 2022 18:15-19:15 Gesine Hopstein: Ästhetische Filmarbeit in Distanz
Film ist ein Medium, das in besonderem Maße auf gemeinschaftlichen Prozessen beruht und auf komplexe Aufgabenverteilung angewiesen ist. Zudem benötigen manche Projekte besondere Bedingungen und Ausstattung, wie etwa ausreichend Platz, besondere Settings, spezielle Technik. Was normalerweise die Schule an Bedingungen liefert, ist im Distanzunterricht nicht mehr selbstverständlich gegeben und muss neu erkundet und teilweise neu hergestellt werden. Dennoch bietet gerade die ästhetische Filmarbeit spannende Anregungen, mit der Distanz und der räumlichen und zeitlichen Diskontinuität umzugehen. Zweckentfremdete Einrichtungsgegenstände werden zu Dollies und Kränen, etablierte und avantgardistische Formen der Monatge laden zum Spiel mit Diskontinuität und Sinnbildung ein… In meinem Impulsvortrag möchte ich Beispiele aus der Filmarbeit mit Jugendlichen im Rahmen des Distanzunterrichts im zweiten Lockdown zeigen und über das kreative Potential solcher Situationen im allgemeinen und über die erlebten Besonderheiten der ästhetischen Filmarbeit auf Distanz sprechen.

26. April 2022 18:15-19:15 Katia Tangian: ARTSetc.de. Ein Blog für den Kunstunterricht auf Distanz
In Zeiten von Homeschooling & Co hat Distanzunterricht eine Fernwirkung entfaltet, die auch auf Distanz Nähe schafft. Der Kunstblog ARTSetc.de war ursprünglich für den eigenen Unterricht entwickelt. Während der erzwungenen Distanz konnte durch ihn ein personaler Kunstunterricht auch als Fernbeziehung gepflegt werden und für viele Schülerinnen und Schüler Nähe zur Sache und innerhalb der Lerngruppe gelingen. Inzwischen wird der Blog aber auch weit über den eigenen Unterricht hinaus nachgefragt und genutzt. Seit dem ersten Lockdown 2020 werden hier Beiträge rund um junge Kunst gepostet, Praxisideen vorgestellt, inspirierende Kunstseiten, YouTube-Tutorials und Kunstwettbewerbe verlinkt sowie Arbeiten von Schülerinnen und Schülern präsentiert: Alles, was man in diesem Format für den Kunstunterricht tun kann, samt Arbeitsblättern zum Herunterladen. Ob Tiefdruck mit Tetrapack und Schuhcreme (Prädikat „videokonferenztauglich“) oder Geldschein-Layout am iPad, vieles ist auch von zuhause aus möglich.
Hier der Link zu Katia Tangians Blog: https://www.artsetc.de/

10. Mai 2022 18:15-19:15 Alexander Schneider: Metamorphosen. Jugendliche porträtieren sich selbst mit Schutzmaske
Die vergangenen zwei Jahre haben zu ungewohnten Erfahrungen mit Distanz und Nähe geführt. Wie kein anderes Fach konnte der Kunstunterricht den Schülerinnen und Schülern Gelegenheiten bieten, diese Erfahrungen zum Thema zu machen. Hier konnten sie sich die Veränderungen des Umwelt-, Mitwelt- und Selbstverhältnisses im wörtlichen Sinne vor Augen führen, sich Distanz und Nähe (neu) bewusst machen, sie durchdenken und gestalten. Im Zuge dessen gehörte spätestens seit der zweiten Corona-Welle auch ‚die Maske‘ zum festen Bestandteil des alltäglichen Lebens und wurde von vielen Kunstlehrerinnen und Kunstlehrern als Gestaltungsort entdeckt.
Eine Unterrichtsreihe zu Selbstporträts mit Mund-Nase-Bedeckung in der 9. Jahrgangsstufe gibt exemplarisch Anlass, der Frage nach Nähe und Distanz noch einmal gemeinsam nachzugehen. Gerade in der Pubertät verändert sich das Erscheinungsbild auch in dem durch die Maske verdeckten Teil des Gesichts. Den beginnenden Bartwuchs oder die ersten Experimente mit Make-Up kann diese Generation nicht mehr im sozialen Kontext des Schulalltags uneingeschränkt vorführen und in seiner Wirkung erproben. Wie man diese Entbehrungen produktiv wenden kann, indem man die Maske im Selbstporträt transformiert, zeigt diese Unterrichtseinheit. Sie hat den Versuch unternommen, die Distanz zu sich selbst und zur sozialen Umgebung visuell zu sprengen sowie einen verlorenen Ort und ein Moment sozialer Nähe und Identität zu (re)konstruieren.
Der Link zu einem Buch von Alexander Schneider zum Thema findet sich hier.

31.05.2022 18:15-19:15 Melanie Schimpf: Stillleben – Grundlagen des Zeichnens entdecken
Im Distanzunterricht litt, neben der persönlichen Betreuung und der Nähe untereinander, im Fach Kunst vor allem die Möglichkeit zur individuellen Anleitung. Natürlich ließen sich bestimmte Arbeitsvorgänge in einer Videokonferenz präsentieren, mit der Lerngruppe modellieren und letztlich individuell zuhause üben. In der asynchronen Lernzeit daheim mussten die Schülerinnen und Schüler dann jedoch weitestgehend alleine zurechtkommen. An diesem Punkt brachte das Erstellen und Veröffentlichen von Erklär-Videos auf der Plattform YouTube für Lerngruppen und Lehrerin phantastische neue Möglichkeiten, was Binnendifferenzierung, aber auch ein etwas distanzierteres Betreuen von zurückhaltenden Schülerinnen und Schülern angeht. Ganz frisch ist eine über ein komplettes Halbjahr verlaufende grafische Reihe zum Thema Stillleben.
Hier werden den Schülerinnen und Schülern schrittweise grundlegende Kenntnisse im Zeichnen vermittelt. Die als ‘flipped classroom’ angelegte Reihe und die entsprechenden Videos lassen sich auch für andere Jahrgangsstufen didaktisch modifizieren und einsetzen.
Der Link zu Melanie Schimpfs Video-Kanal findet sich hier.
Der Link zu ihrem Blog finde sich hier.