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Reformen in der Lehrerbildung

Beigetragen von redaktionbdk in Aktuelles 4 Min. Lesezeit 8. Januar 2014

DSC05481Bundesweit ändern sich auch an den Hochschulen die Ausbildungsgänge um sich den unterschiedlich ausgerichteten Reformen in der Schullandschaft anzupassen. Der folgende Bericht informiert über die aktuelle Situation in Niedersachsen.

Das von der schwarz-gelben Landesregierung angestoßene Projekt zur Erweiterung des Lehramtsstudiums für Grund-/Haupt und Realschulen von 8 auf 10 Semester wird – unter etwas anderen Vorzeichen – unter der rot-grünen Landesregierung fortgesetzt.
Im aktuellen Koalitionsvertrag ist zu lesen, dass für alle Lehrämter künftig ein sechssemestriges Bachelor- und ein viersemestriges Masterstudium vorgesehen sind. Sodann strebt die rot-grüne Regierung an, die geltende Schulformorientierung der Lehrerbildung angesichts der Veränderungen in der Schullandschaft in eine schulstufenbezogene Ausbildung umzuwandeln. In Niedersachsen wird man also künftig das Primar-, Sekundar- oder Gymnasiallehramt studieren. Der 18-monatige Vorbereitungsdienst wird – anders als es die schwarz-gelbe-Landesregierung geplant hatte – beibehalten.
Insofern verlängert sich das Studium im Primar- und Sekundarbereich von 8 auf 10 Semester bzw. verlängert sich das Masterstudium von 2 auf 4 Semester. Die Studienreform, bezeichnet als „GHR300“ (Grund-/Haupt-/Realschul-Studium im Umfang von 300 Creditpoints), beginnt, nach einer einjährigen Aufschiebung, im Wintersemester 2013/14.

Mit der Verlängerung des Masterstudiums auf vier Semester ist das durchaus zu begrüßende Ansinnen verbunden, künftig die erste und zweite Phase der Lehrerbildung besser zu verzahnen. Deshalb sind nicht nur die Hochschulen, sondern auch die Studienseminare und Schulen direkt in die Planungen einbezogen. Der „Verbund“, ein Gremium aus Vertretern der Universitäten, Studienseminare, Landesschulbehörde und der Ministerien, arbeitet seit 2011 an der Ausarbeitung eines „Masterplans“ zur Umsetzung der Studienreform. Es liegt ein detailliertes Planungskonzept vor, das in seiner Grundstruktur für alle Universitäten verbindlich ist. Jedoch zeigen sich in der konkreten Umsetzung erhebliche Schwierigkeiten. So ist die Finanzierung bislang nicht hinreichend geklärt, gleichsam steht die Frage der personellen Ressourcen aller Akteure im Raum. Ein seitens der Universität planbares und seitens der Studierenden studierbares Programm ist bis dato noch nicht in Sicht.

Worin liegen die Neuerungen der Studienreform? Zu nennen wäre die sogenannte „Praxisphase“. Es ist derzeitiger Planungsstand, dass die Studierenden über den Zeitraum eines Semesters an drei Tagen pro Woche in einer Schule sein werden. Hier werden sie von den Mentoren vor Ort (das sollen in allen Schularten Fachlehrer sein!) sowie von einem „Tandem“ aus je einem Hochschul-Didaktiker und einem Fachseminarleiter betreut. An der Universität werden vor- und nachbereitende Seminare stattfinden. Das „Tandem“ aus Fachseminarleiter und Hochschul-Didaktiker soll einen engen Austausch zwischen Universität und Studienseminar forcieren und damit letztlich für die Studierenden den Übergang von der ersten in die zweite Ausbildungsphase erleichtern. Damit wird künftig die Verantwortung aller handelnden Akteure an Schulen, Studienseminaren und Universitäten wachsen. Ungeklärt ist bislang, wie die Finanzierung dieses aufwändigen Betreuungskonzeptes realisiert werden soll. Ursprünglich war von einer Abordnung der Fachseminarleiter die Rede. Die freien Ressourcen aus dem verkürzten Vorbereitungsdienst sollten in die Praxisphase an der Universität fließen. Weil es aber beim 18-monatigen Vorbereitungsdienst bleibt, klafft hier eine Finanzierungslücke. Zudem ist kaum zu erwarten, dass die Fachseminarleiter über ihren Vollzeit-Job hinaus noch eine Betreuungstätigkeit an der Universität übernehmen können. Wie die Betreuung seitens der Mentoren an den Schulen angerechnet wird, ist ebenfalls noch unklar. Zudem wird es an den Universitäten mit den derzeitigen Personalressourcen kaum möglich sein, die umfangreiche Betreuung zu gewährleisten.

Derzeit bilden sich an allen Universitäten sogenannte „Regionalnetze“ und „Fachnetze“, die vorläufige Kooperationskonzepte erarbeiten sollen. Die „Regionalnetze“ setzen sich jeweils aus einer der sechs niedersächsischen Universitäten und mehreren ihnen zugeteilten Studienseminaren zusammen. „Fachnetze“ sind regionale Verbünde aus Lehrenden der Universität mit Fachseminarleitern des entsprechenden Faches. Sie sollen die Organisation und inhaltliche Ausgestaltung der Praxisphase vorzubereiten.

IMG_6088Neben der Praxisphase ist das sogenannte „Projektband“ hervorzuheben, das parallel zur Praxisphase verläuft und damit die Möglichkeit eröffnen soll, im schulischen „Feld“ zu forschen. Im Sinne „forschenden Lernens“ sollen Studierende eigene Fragen und Projektideen entwickeln, in denen eine Verbindung von theoriebasiertem Lernen und praktischem Handeln angestrebt wird. Die im Projektband angestoßenen Forschungen können, sofern sie in einem der beiden Studienfächer angesiedelt sind, anschließend in der Masterarbeit fortgeführt werden.
Darüber hinaus ist die Entwicklung eines prozessbegleitenden und berufsbiografischen Portfolios angedacht. Studierende sollen in diesem kontinuierlich und entwicklungsbegleitend ihr eigenes Handeln in Studium und Praxis reflektieren. Beginnend über die beiden Studienphasen des Bachelor- und Masterstudiums hinaus, soll es ebenfalls den Vorbereitungsdienst und die Berufseinstiegsphase überspannen.

Die Studienreform ist ein ambitioniertes Vorhaben, das neue Wege beschreiten möchte und die derzeitige Lehramtsausbildung innovieren will. Die Rahmenbedingungen sind, obwohl nicht explizit hervorgehoben, für unser stets von Marginalisierung betroffenes Fach durchaus von Vorteil. Weil das Lehramtsstudium in Niedersachsen auch zukünftig als Zwei-Fach-Studium konzipiert ist, kann Kunst im Primar- und Sekundarstufenlehramt (ausschließlich) als gleichwertiges Hauptfach studiert werden und steht damit gleichberechtigt neben anderen Fachdidaktiken wie Mathematik oder Deutsch. Mit der Aufwertung der Fachdidaktiken durch eine stärkere Praxis- und Forschungsorientierung können zudem die Besonderheiten und Potenziale der Kunstdidaktik stärker als bisher etabliert werden.

Sarah Graham & Bettina Uhlig

 

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