Von 08.-10.04.2011 trafen sich die BDK-Landesvorsitzenden und -delegierten zur Hauptversammlung der Landesverbände im sächsischen Chemnitz. Das ehemalige Karl-Marx-Stadt versprühte schon bei der Ankunft einen unwiderstehlichen Charme, wie er sozialistisch geprägten Städten eigen ist – mehrspurige Aufmarschstraßen wohin das Auge reicht, und die Architektur als Triumph des rechten Winkels und der seriellen Produktion. So ernüchternd der erste Eindruck war, so sehr hatte die fünfköpfige Delegation in den folgenden zwei Tagen die Gelegenheit, dieses einseitige Bild zu revidieren.
Chemnitz, das „sächsische Manchester“ des 19. Jahrhunderts, das schwer zerbombt nach dem Zweiten Weltkrieg fast komplett wieder aufgebaut werden musste und zu DDR-Zeiten als Vorzeigestadt der arbeitenden Klasse galt, erlebte nach der Wende einen immensen wirtschaftlichen Niedergang. Noch heute kann man kilometerlang an Fabrikruinen entlang fahren, die eine gute Vorstellung von der einstigen Größe ermöglichen. Doch Chemnitz ist auf dem guten Weg, sich (mal wieder) selbst zu erfinden – die Wirtschaft zieht wieder an, darüber hinaus profitiert Chemnitz von seinen vielen technischen Universitäten, die zu den wichtigsten des Landes zählen. Die „Stadt der Moderne“ ist kulturell bestens aufgestellt und besticht u.a. durch eine vielfältige Museumslandschaft.
Doch bevor die knapp 70 Delegierten und Gäste das kulturelle Angebot näher kennenlernen durften, galt es zunächst, die anstehende Verbandsarbeit in Angriff zu nehmen – hervorzuheben in diesem Jahr v.a. die Neuwahl des Bundesvorstands und die Arbeit an den länderübergreifenden Bildungsstandards. Hier konnte nun doch ein für alle zufriedenstellender Kompromiss ausgelotet werden, indem zunächst drei Musteraufgaben für die Sekundarstufe 1 konzipiert wurden, die das Spektrum von eng geführt bis recht frei umfassen. Hierzu werden in den nächsten Jahren noch weitere Aufgaben formuliert werden.
Neu war dieses Jahr auch die Öffnung auf das Thema Abitur. Verblüffend war für alle Beteiligten die Spannbreite dessen, was Kunst im Abitur bedeuten kann – sofern es überhaupt noch als Abiturprüfung gewählt werden kann, reicht das Spektrum hier von kleinteiligen und engmaschigen Vorgaben wie z.B. in Niedersachsen, welches z.B. ein bestimmtes Türklinkendesign verbindlich vorschreibt bis hin zum sächsischen Abitur, welches nur aus einer fachpraktischen Prüfung besteht, die zwar zentral gestellt wird, hier aber sehr offen ist – so diente z.B. vor ein paar Jahren das Zitat „Ein Raum wie ein Bilderbuch“ von Peter Handke als zentrales Prüfungsthema. Crux an dieser Art des Abiturs ist jedoch die sehr einschränkende Vorgabe, dass alle Arbeiten in Mappen an den Zweitkorrektor verschickt werden müssen, und so alle dreidimensionalen oder großformatigen Herangehensweisen entfallen.
Nachdem die Arbeitsgruppen getagt hatten, ging es dann am Samstagnachmittag zur Besichtigung der wunderschön erhaltenen „Villa Esche“, die Henry van de Velde von der Architektur über die Möbel bis hin zur Pfeife und zum Besteck ganz im Geiste des Jugendstils entworfen hatte. Danach folgte die Besichtigung des Stiftermuseums „Gunzenhauser“, welches die zweitgrößten Dix- und Jawlenskysammlungen Deutschlands beherbergt.
Der Sonntag stand ganz im Zeichen der Wahl des neuen Bundesvorstands, hier wurde Clemens Höxter (Niedersachsen) im Amt des Vorsitzenden bestätigt. Neu als seine Stellvertreter werden Martin Klinkner (Bayern) und Werner Fütterer (Schleswig-Holstein) ihm ab diesem Jahr zur Seite stehen. Da auch die Kasse mit Kerstin Asmussen nach Schleswig-Holstein wandern wird und mit Tobias Thuge nun auch Brandenburg vertreten sein wird, werden wir gespannt beobachten, inwieweit sich diese Nordverschiebung auf unseren Landesverband auswirken wird.
Alles in allem war dieses Wochenende für alle Beteiligten ein sehr intensiver und informativer Aufenthalt. Dass wir uns neben dem kulturellen Programm natürlich auch als Mitglieder der arbeitenden Klasse verstanden, war ganz im Sinne von Karl Marx, der nach wie vor seine Stadt fest im Blick hat.