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Museumsarchitektur von James Stirling und Tadao Ando

redaktionbw in Aktuelles 2 Min. Lesezeit 13. März 2009

Die Staatsgalerie Stuttgart und der BDK luden am 11. März zu einem Architekturvortrag von Prof. Lederer (Universität Stuttgart) ein, wie man ihn sich viel öfter in dieser Form wünschen würde – höchst informativ und gleichzeitig höchst unterhaltsam. Mehr als 250 Kunsterzieherinnen und Kunsterzieher hatten sich im Vortragssaal der Staatsgalerie versammelt, um auf eine Architekturreise zu gehen, die über die Ausgangspunkte Stirling und Ando bis in die Antike reichte, und schließlich nach einer sehr großzügig gemessenen Stunde im Museum des kleinen norditalienischen Städtchens Giornico zu Ende ging. 

Prof. Lederer, der „Öffentliche Bauten und Entwerfen“ an der Universität Stuttgart lehrt, begann seinen Vortrag zunächst mit Stirling und dessen Hauptwerk, der Staatsgalerie. Sehr interessant war hierbei vor allem auch, wie der Zeitzeuge Lederer die ideologischen Grabenkämpfe zwischen den „demokratischen Architekten“ um Behnisch und den Befürwortern postmoderner Bauwerke schilderte. Gerade für jüngere Zuhörer eine neue Perspektive, die Staatsgalerie nicht als postmoderne Ikone, sondern als architektonischen Zankapfel präsentiert zu bekommen. Nach einigen interessanten Parallelen zwischen Schinkel und Stirling leitete Prof. Lederer schließlich zum Hauptgegenstand seines Vortrages über – der Langen Foundation von Tadao Ando. Er verbarrikadierte sich hierbei in keinster Weise hinter wissenschaftlich-trockenen Fakten, sondern bot den Zuhörern ein sehr differenziertes Bild des Architekten und seines Bauwerkes – und zwar aus den Perspektiven des Hochschullehrers, des Architekturhistorikers, des praktisch geschulten Architekten und des Privatmenschen. Das Zentrum bildete hierbei ein neun Aspekte umfassender Vergleich, der Andos Bau mit den unterschiedlichsten Kontexten und Vorbildern verknüpfte – allen voran seine intensive Beschäftigung mit Le Corbusier, des weiteren Parallelen zu Louis I. Kahn, der antiken Cella oder etwa unterirdischen Wassertempeln des Buddhismus. Dazwischen illustrierte Lederer den einen oder anderen Aspekt immer wieder mit Anekdoten aus dem Architektenalltag – so ließ beispielsweise Ando während seiner Lehrtätigkeit die Studenten sämtliche Grundrisse von Le Corbusiers früher Werkphase abpausen, um deren Formgefühl zu schulen.
Eine große Qualität der Betrachtung lag vor allem darin, dass Prof. Lederer das Bauwerk nicht aus der Perspektive des ehrfürchtigen Bewunderers darlegte, sondern recht augenzwinkernd den Sockel des japanischen „Stararchitekten“ immer wieder auf Bodenniveau herabsenkte – so zum Beispiel, wenn er höchst unterhaltsam seinen langen, langen Weg (der ja bekanntlich auch das Ziel sei) zum Mittelpunkt des Museums schilderte, und das Ganze dann in den Kontext der Bauvorschriften zur Fluchtwegplanung setzte, die dann doch ganz unprosaisch die Direktverbindung darstellen.
Zum Schluss warf Lederer die provokative Frage auf, ob wir in einer nicht mehr so rosigen Zukunft überhaupt noch diese überteuerte „Labelarchitektur“ brauchen werden – all die Hadids, Gehrys und Andos, in denen Hochzeitsgesellschaften und Firmen um Büffets voller Krabbenschwänze stünden, und Architektur zum reinen „Event“ verkomme – ähnlich der so genannten „Porsche-Cayenne-Mentalität“: sicherlich ein ästhetisches Auto, aber genau genommen auch vollkommen überflüssig. Dahingegen schilderte Lederer zum Abschluss sein persönliches Lieblingsmuseum, ein versteckt gelegenes Geheimmuseum im hochalpinen Giornico, das ähnlich wie die Ausstellungspavillons der Museumsinsel Hombroich den Besucher auf eine sehr intime Art und Weise Kunst entdecken und erleben lässt.
Der langanhaltende Applaus und die sehr gute Stimmung im Anschluss verrieten die sehr positive Resonanz der zum Teil von weit her angereisten Kunsterzieher, denen über den reinen Informationswert auch eine sehr kurzweilige Unterhaltung geboten worden war – sozusagen ein richtiges „Event“.

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