Am Wochenende vom 27.-29.06.2014 findet in Mühlhausen/Thüringen das alljährlich von Dieter Pinke (Marburg) und Anna H. Frauendorf (Hannover) organisierte und vom BDK geförderte Arbeitstreffen für Kunstreferendare und Kunstausbilder statt. Auch junge Kunstlehrer in den ersten Berufsjahren zählen zur Zielgruppe dieser Veranstaltung. Insgesamt können ca. 50 Berufsanfänger aus den unterschiedlichsten Bundesländern teilnehmen. Der historische Unterbringungsort AntoniQ und die netten Herbergseltern geben der Veranstaltung einen familiären Rahmen. Impulse für die eigene unterrichtliche Arbeit erhält man durch die vielseitigen Workshopangebote der Ausbilder. Für viele ist es sicher anregend, auch einmal die didaktisch-methodische „Handschrift“ eines anderen Ausbilders unabhängig vom eigenen Staatlichen Seminar kennen zu lernen. Bei den abendlichen Rundgängen kann man anhand vieler mitgebrachter Unterrichtsarbeiten etliche Anregungen mitnehmen. Einen Fotoapparat, ein Notizbuch sowie grundlegendes Zeichenmaterial sollte man unbedingt im Gepäck haben.
Eine Anmeldung erfolgt per Email an Anna Frauendorf (annafrauendorf@freenet.de)
Workshopangebote:
Dr. Michael Grauer
Spielräume der Architekturvermittlung
Dass Architektur soziale Räume entwirft, ist eine wesentliche Erkenntnis der historischen Avantgarde. Entsprechend fokussieren die Kunst- und Kulturwissenschaften die vielfältigen praktischen, ästhetischen und symbolischen Funktionen der gebauten Umwelt. Bildung beschreibt in diesem Zusammenhang den Versuch des Menschen, über Orte seiner Identität und seiner Geschichte habhaft zu werden. Dieser Prozess verlangt rezeptive wie produktive Kompetenzen und ein Lernen mit allen Sinnen. Der Workshop öffnet theoretische Einsichten und gibt praxisnahe gestalterische Anregungen. Er handelt garantiert nicht von Säulenordnungen oder konstruktivem Zeichnen, nicht von Traumhäusern oder gebastelter Schulhofmöblierung.
Kai Aschmutat
Politische Stencils – Meinung machen!
Was sind Stencils? Was wird da an die Wände der Schule gesprüht? Stencils sind Sprühschablonen mit denen, wenn die Schablonen erst einmal erstellt sind, sehr schnell komplexe Bilder und Texte gesprüht werden können. Sie werden zur Verbreitung politischer Ansichten verwendet.
Ursprünglich kommt die Stenciltechnik aus der Streetartszene, wo die Kunstwerke an öffentlichen Plätzen gesprüht werden. Als Begründer der Stencil Art im öffentlichen Raum wird der französische Künstler Blek le Rat gesehen. Seine damals recht einfachen Schablonen-Graffiti inspirierten spätere Streetart-Größen wie den Briten Banksy oder den französischen Graffitikünstler Nemo. Den wichtigsten Ansichten, Meinungen und Haltungen von Mittel- oder Oberstufenschülern wird individueller Ausdruck verliehen. Die Technik setzt auf harte Kontraste und Symbolsprache. Der zugrundeliegende Unterricht ist zutiefst politisch, undogmatisch, subjektiv, philosophisch: Was ist mir wichtig? Warum und wie mache ich darauf aufmerksam? Ist es sinnvoll zu provozieren? Schülerinnen und Schüler diskutieren und behaupten sich und realisieren schließlich. Dann erwarten sie wieder Stellungnahmen und Auseinandersetzungen. Geschnitten werden Folien (häufig zu verwenden) mit dem Cutter nach Skizzen. Gesprüht wird mit Lack (außen – Masken tragen) oder Algen- und Moosentferner (immer und überall legal, solange das Hausrecht gewahrt bleibt) .
Prof. Andrea Dreyer
Werkstattarbeit in der kunstpädagogischen Praxis
Offene Unterrichtsformen bieten Raum für ein selbstbestimmtes und interessengeleitetes Lernen. Sie fordern zugleich eine
Selbstverantwortung der Schülerinnen und Schüler für den je individuellen Lernprozess sowie eine veränderte Rolle des Lehrenden
als Lernbegleiter. Offener Unterricht ist in allen Schulformen und unter schwierigsten Rahmenbedingungen zu realisieren. Am Beispiel der
Werkstattarbeit werden Potentiale und Grenzen diskutiert und gemeinsam erste Materialien für die Einführung der Werkstattarbeit an der Schule entwickelt und gestaltet. (Material: verschiedene Papiere, Stifte, Schere)
Olive Millieut
Ein Minimum an Haus
Weg vom Schuhkarton! Die oft gestellte Aufgabe „gestalte dein Traumzimmer in einem Schuhkarton“ kann mit spannenden Beispielen zu konkreten Planungen mitten in die faszinierende Arbeit der Architekten führen. Nahe am Schuhkarton ist der Container, das Boot, das Wohnmobil oder die Einsiedlerhütte.
Hier wird den Fragen theoretisch wie auch in praktischen Übungen nachgegangen: Was bedeutet wohnen? Und wie wenig brauche ich oder was brauche ich mindestens?
Elena Harangozo
Seifenskulpturen (als Einstieg in die Auseinandersetzung mit Skulptur und Plastik)
Der Unterrichtskontext wird knapp vorgestellt, anschließend soll das Schnitzen der Seifen selbst erprobt werden. Das Unterrichtsbeispiel bezieht sich auf die Sek II (Thema „Mensch“ à Schnitzen von Torsi), die Technik lässt sich mit anderem Themenschwerpunkt jedoch auch in der Sek I oder der Grundschule einsetzen.
Material wird gestellt. Wer Schnitzwerkzeuge besitzt kann diese gerne mitbringen. Auch Nagelpfeilen und ähnliche Werkzeuge haben sich in der Praxis bewährt.
Claudia Branca
„Stadtaspekte – Wie man sich (s)eine Stadt erlebt „
– und wie man sich in (s)einer Stadt erlebt. Es geht darum, die gestaltete und gestaltbare Wechselwirkung zwischen sich selbst und (s)einer Stadt/ Dorf/ Umfeld/ Heimat/ Schule reflexiv zu erforschen und darzustellen. Mithilfe der Fotografie (von der Handykamera bis hin zur professionellen SLR) werden Lebenseinblicke gewährt und persönliche Betrachtungsweisen offengelegt. Unter verschiedenen Gesichtspunkten, Blickrichtungen, Themen und Strategien sensibilisiert man die Wahrnehmung von seinem Leben in seinem Umfeld und kann so seinen (fotografischen) Standpunkt mit denen seiner Mitmenschen vergleichen und diskutieren.
Material: Kamera mitbringen
Christoph Küppers
Der Künstler Christian Boltanski aus kunstpädagogischer Sicht
Dass Boltanski nicht nur ein spröder Konzept-Künstler ist, der sich auf subtile Weise mit dem Tod anderer Menschen beschäftigt, könnte dieser Workshop aufzeigen. Neben Basisinformationen zu Leben und Werk werden ausgewählte Arbeiten vorgestellt und in kleinen praktischen Übungen transparent gemacht.
Das Ziel des Workshops besteht also einerseits darin, Boltanski als Künstler besser kennen und verstehen zu lernen. Andererseits sollen handlungsorientierte Zugänge erprobt und daraufhin untersucht werden, inwieweit sie unseren Schülerinnen und Schülern dabei helfen, sinnstiftende Momente im Werk von Boltanski zu entdecken und diese ggf. dann auch in eigenen praktischen Arbeiten zu verwenden.
Dr. Stephan Malaka
Zeichnen
Das Zeichnen gehört zu den zentralen Grundfertigkeiten des Faches Kunst. Es schult die Wahrnehmung, es kann Instrument der untersuchenden Vergewisserung sein oder auch Medium des freien Ausdrucks. Im Workshop sollen Möglichkeiten des zeichnerischen Zugriffs auf die Wirklichkeit erprobt und im Hinblick auf mögliche didaktische Legitimationen kritisch hinterfragt werden. Die Teilnehmer dürfen auch eigene Unterrichtsbeispiele zur Diskussion stellen. Einfache Zeichenmaterialien sollten mitgebracht werden.
Hans-Jürgen Roth
Projektarbeit- projektorientierter Unterricht an konkreten Beispielen
Projektorientierter Unterricht bietet Möglichkeiten, die Schüler und Schülerinnen wie kaum in einer anderen Unterrichtsform aktiv und unter Berücksichtigung einer relativ hohen Mitbestimmung einzubeziehen. Der Faktor Motivation oder besser Selbstmotivation spielt dabei eine wesentliche Rolle. An konkreten Beispielen soll deutlich werden, wie Schüler ihre Potentiale fachübergreifend, altersübergreifend aber auch ihren persönlichen Interessen beziehungsweise Fähigkeiten und Fertigkeiten entsprechend weiterentwickeln können. Projektorientierte Arbeitsformen m Unterricht sind eine wichtige Voraussetzung für selbst organisiertes Lernen und damit für die Entwicklung von Studierfähigkeit. Zudem bieten Projekte Möglichkeiten, Kontakte mit externen Partnern, insbesondere kulturellen Einrichtungen zu initiieren. Es soll aber auch deutlich werden, wie kompliziert Abläufe sind und welche organisatorischen Vorleistungen Lehrer bzw. Lehrerinnen in einem schwierigen Arbeitsumfeld zu erbringen haben, um erfolgreich zu sein. Dokumentationen zum Thema können gern mitgebracht werden.